Streite dich nicht
Wie wir mit Konflikten umgehen können
Streite dich nicht
Es ist eine Sache, für dich selbst und andere einzutreten. Aber es ist eine andere, sich in Auseinandersetzungen, Aggressivität und Zank – mit einem Wort, in Streitereien – zu verfangen. Genauso ist es eine Sache, mit jemandem anderer Meinung zu sein, selbst bis zu einer hitzigen Diskussion – aber es ist etwas anderes, wenn du so an deiner Sichtweise festhältst, dass du das größere Bild aus den Augen verlierst, einschließlich deiner Beziehung mit dem anderen Menschen. Dann streitest du.
Du weißt, dass du dich streitest, wenn du gereizt bist, besonders, wenn damit dieses starre Gefühl verbunden ist, dass nicht aufhören wird, bis du gewonnen hast.
Es gibt offene und versteckte Streitereien
Streitereien geschehen offen zwischen Menschen und verdeckt im Verstand. Versteckt geschehen sie zum Beispiel dann, wenn du in deinem Kopf den Fehler eines anderen Menschen kommentierst oder über ein Argument nachdenkst, das du beim nächsten Mal noch aggressiver vorbringen willst. Meist streiten wir uns am ehesten mit Menschen in unserer Familie oder unseren Freunden – stell dir das vor! – aber auch mit Leuten im Fernsehen oder Politikern und Gruppen, die wir vielleicht nicht mögen. Wir können auch mit den Bedingungen unseres Lebens (wie Krankheit oder Geld) oder mit physischen Objekten streiten, wie eine kaputte Schublade, die wir wütend zumachen.
Wie auch immer sie geschehen, Streitereien sind immer mit Stress verbunden und aktivieren die alte Kampf-oder-Flucht-Maschinerie in deinem Gehirn und deinem Körper. Ein wenig davon wird dir nicht schaden, aber eine regelmäßige Versorgung mit Streit, ist nicht gut für deine langfristige körperliche und mentale Gesundheit.
Zudem zehrt Streit wie Säure an Beziehungen. Ich hatte zum Beispiel in meinen frühen Zwanzigern eine feste Beziehung, die sich auf eine Heirat zubewegte, aber die regelmäßigen Streitereien hatten schließlich die Erde in unseren Herzen so verbrannt, dass dort keine Liebe mehr füreinander wachsen konnte.
Versuch diese Woche, mit nichts und niemandem zu streiten
Sei achtsam dafür, wie sich Streit anfühlt, in deinem Köper, deinen Emotionen und Gedanken. Sei dir zum Beispiel des Gefühls der zunehmenden Aufregung bewusst, oder dem Druck, dem Willen, recht zu haben, und dem Durchsetzen deiner Meinung – die so charakteristisch für Streit sind. Frage dich selbst: Fühlt sich das gut an? Ist das gut für mich?
Beobachte die Wirkung von Streit in Beziehungen, ob du es tust oder andere (auch auf der Weltbühne). Frage dich: Sind die Resultate gut? Wie wären meine Beziehungen, wenn ich darin nicht streiten würde?
Lass es gar nicht so weit kommen…
Wenn du merkst, dass du dich für einen Streit aufwärmst, trete einen Schritt zurück, mach langsamer, tu es nicht. Versuche einen anderen Ansatz: Sag nur das, was wirklich gesagt werden muss; bleib ruhig und beherrscht, ohne den anderen überzeugen zu wollen; reagiere nicht auf Provokation. Wenn es soweit kommt, lass den anderen überhitzt und streitsüchtig erscheinen, nicht dich.
Meist wirst du feststellen, dass gar nichts gesagt werden muss: Du musst den anderen Menschen nicht unbedingt etwas entgegensetzen. Seine oder ihre Worte können wie ein Windstoß vorbeiziehen, der ein paar Blätter mitgenommen hat. Du musst nicht aggressiv sein. Dein Schweigen bedeutet nicht Übereinstimmung. Es bedeutet auch nicht, dass der andere die Auseinandersetzung gewonnen hat – und selbst wenn er oder sie gewonnen hat, wäre das in einer Woche oder einem Jahr noch wichtig?
Es braucht zwei für einen Streit und nur einen, um ihn zu beenden
Wenn du dich in einem Streit verfängst, geh wieder heraus, sobald du erkennst, was geschehen ist. Ein guter erster Schritt ist, ruhiger zu werden. Denk daran, was in dieser Interaktion wirklich wichtig ist – wie zum Beispiel zu sagen, was du wirklich in Zukunft tun wirst oder eine entscheidende Tatsache herausfinden – und konzentriere dich dann auf diesen Punkt, egal was es ist. Sage dem anderen vielleicht, dass du erkannt hast, wie du dich in eine hitzige Debatte begeben hast aber das eigentlich nicht tun willst. Wenn der andere den Kampf weiterführen will, dann musst du es nicht. Es braucht zwei für einen Streit und nur einen, um ihn zu beenden. Und wenn die Zeit dafür richtig ist, dann versuche den Schaden, den der Streit vielleicht angerichtet hat, wieder gutzumachen.
Im Allgemeinen erforsche das Gefühl mit der Welt im Frieden zu sein, ohne mit irgendjemandem zu streiten.
Dieses Gefühl erinnert mich an einen Spruch aus der Kindheit meiner Frau, der auf die eigene Situation angepasst werden sollte: Sei allen eine Freundin und jeder Pfadfinderin eine Schwester!
Dieser Artikel stammt von Rick Hanson, Autor des Buches Das Gehirn eines Buddha. Er wurde erstmals auf seiner Website rickhanson.net unter dem Titel Don’t quarrel veröffentlicht. Übersetzung: Arbor Verlag/Mike Kauschke. Im November 2012 erschien im Arbor Verlag das gleichnamige Buch zum Newsletter: Just 1 Thing – So entwickeln Sie das Gehirn eines Buddha. Dieser Beitrag unterliegt der Creative Commons Lizenz. Urheber: Arbor Verlag/Rick Hanson
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